Die Selbstverständlichkeit des Absurden Anmerkungen zu den Don Quijote
Variationen von Florian Doru Crihana
„Ich will wetten…es brauchen nicht viele Tage ins Land zu gehen, so wird es keinen Krieg, keine Schenke, kein Wirtshaus und keine Barbierbude geben, wo man nicht die Geschichte unserer Taten gemalt hätte.“
Am Ende aller Abenteuer macht Miguel de Cervantes aus seinem gar nicht so törichten, vielmehr weitsichtig denkenden Sancho Pansa einen Propheten. Längst hat ihn die Wirklichkeit bestätigt und gar überholt. Die Darstellungen von Don Quijote sind Legion, mehr noch, das Bild des Ritters von der traurigen Gestalt auf dem Klepper Rosinante mit seinem behäbigen Knappen Sancho Pansa auf dem Esel hat sich verselbständigt. Der Künstler Florian Doru Crihana hat die literarische Fiktion in einem großen Werkzyklus verbildlicht, hat ihm unverwechselbare Gestalt gegeben, wobei das Wort „unverwechselbar“ doppelt zutrifft. Zum einen bedient er die gängigen Klischees und appelliert augenzwinkernd an die Mitwisserschaft des Betrachters, zum anderen bleibt er sich selbst treu. Dieser Schöpfer trügerischer Idyllen lässt in unendlich feinen Nuancen eine phantastische Farblandschaft erstehen, in der seine Personen agieren. Das Verblüffende dabei ist, dass Crihana sich zwar auf die wenigen bekannten Merkmale konzentriert, aber trotzdem an ihnen die ganze Fülle seiner Bildideen auszubreiten vermag. Hut, Bart, Rüstung über dünner, gelängter Figur und Pferd beim Don Quijote, daneben die rundliche Gestalt des Sancho Pansa auf dem Esel und – nicht zuletzt – die Windmühle. Das genügt. Und nun setzt die reiche Erfindungsgabe Crihanas ein, die mit den tradierten Motiven ganz neue Bilder zaubert, geistreiche Bilder, absurde Szenen, die in ihrer Tragikomik durchaus der Intention Cervantes’ auf der Spur bleiben. Ihr besonderer Reiz liegt nicht zuletzt darin, dass dieser Künstler seine subtilen Bildschöpfungen in einer Zone zwischen reiner Fiktion und vermeintlicher Wirklichkeit ansiedelt, etwa wenn die Attribute aus dem Alltag des Betrachters genommen werden ohne aber den literarischen Zusammenhang zu leugnen. Diese Balance ist ein wesentliches Merkmal der Kunst von Crihana, seine persönliche Handschrift, die ihn auszeichnet. Er überbrückt in einem dichten Farbgewebe, das keine lauten Töne und harten Konturen kennt, Zeiten und Orte. Ein modernes Baufahrzeug ist in diesem Kontext ebenso wahrhaftig wie eine Gondel oder ein Pferd. Die Selbstverständlichkeit des Unmöglichen macht den Reiz dieser Bildinterpretationen aus. Sie heben ihn hervor aus der Zahl der zeitgenössischen Künstler, die das Thema auch für sich entdeckten und räumen ihm eine Sonderstellung ein. Waren in den ersten Jahrhunderten seit Erscheinen des Romans 1605, Teil zwei 1615, literarische Vorlage und Verbildlichung des Wortes eng verbunden, wie es in der Natur der Illustration als eine dem Text dienende Veranschaulichung angelegt ist, so muss zeitgenössische Darstellung zu Beginn des dritten Jahrtausends nicht einmal mehr die Kenntnis dieses großen spanischen Beitrags zur Weltliteratur voraussetzen. Die Motivtradition hat das Sujet auf markante Themen verkürzt, durch die Jahrhunderte im Bildgedächtnis verankert und abrufbar gemacht als sprichwörtliche Binsenweisheiten. Das Bildwissen ist kein Bildungswissen mehr.
Don Quijote – so viel wird mit diesem Namen verknüpft – das ist die tragische Figur des Idealisten, der sich nahezu blindlings für das Wahre und Gute einsetzt und im Kampf gegen die Windmühlenflügel, die Bild gewordenen Tücken des Lebens, unterliegen muss. Und das ist auch schon das meist illustrierte Abenteuer aus der Vielzahl der ritterlichen Prüfungen, die der Edle von la Mancha zu überstehen hat. Und Sancho Pansa? Er ist der Pragmatiker, der die Ideale an der Chance des Überlebens misst. Wie wichtig und ohne Unterschied aber dem Autor beide Protagonisten waren, beweist die textkritische Untersuchung des Cervantes-Instituts von 1998. Exakt 2143 mal tauchen beide Namen im Roman auf.
Jede Kunstepoche hat durch ihre Interpretation des Don Quijote – Themas auch die politisch-sozialen Hintergründe ihrer Zeit hindurch schimmern lassen. Das gilt vor allem für die eigenständigen Arbeiten, die nicht an eine Buchausgabe gebunden sind. Nimmt man allerdings so kongeniale Schöpfer der mehr oder weniger ausführlichen Szenenfolgen wie Chodowiecki, Doré, Hogarth oder Daumier, dann holt der kritische Stellenwert ihres Gesamtschaffens das Thema sehr wohl auch in die jeweils zeitgenössischen satirischen Attacken dieser Autoren hinein. Oder es gelingt wie in den Blättern von Coypel, das Spiegelbild einer galanten Zeit zwischen Aufklärung und Schäferidylle aufleben zu lassen.
Von Doré wiederum sagte der Kunstkritiker Théophile Gautier, auch wenn er mit dessen Ausführung nicht ganz einverstanden ist, er habe “…diesen visionären Blick, von dem der Dichter spricht, der sogleich die geheimnisvollen Seiten der Dinge durch-schaut… Das, was sich ausdrückt, ist die erstaunliche Homogenität seiner Kompositionen…“ Genau diese Kraft der Vision und Homogenität darf auch Crihana auf seine ureigen Weise in Anspruch nehmen. Die direkten Nachfolger der historischen Illustratoren, die nun aber den je eigenen Standort oder Auftrag um eine satirische Situationskomik oder Gesellschaftskritik erweitern, sind die kritischen Zeichner und Karikaturisten der Gegenwart. Sie übertragen das Sujet auf die Ereignisse ihrer Zeit, holen das berühmte Figurenpaar aus seinem unmittelbaren und überlieferten Kontext heraus und wandeln es zu einem Ausdruck ihrer Welt-Kunst-Auffassung.
Diese scheinbare Vereinnahmung wird möglich, weil Don Quijote und Sancho Pansa mit ihren sich wiederholenden Attributen und Symbolen zu einem festen Bildtopos avancierten, auf diese Weise wiedererkennbar wie die Heiligen in der mittelalterlichen Kunst und wieder verwendbar, wenn ein Thema es erfordert. Das gilt nicht nur für die Illustration und Karikatur, sondern auch für die Malerei, Zeichnung und Skulptur, ja selbst für die Masssenartikel und Souvenirs in den Touristikzentren Spaniens. Der Don Quijote von Cervantes ist nach der Bibel das am meisten übersetzte und illustrierte Werk der Weltliteratur. Und um in einem solch umfassenden Kosmos aus Text, Bild und Objekt, der in Jahrhunderten gewachsen ist, eine individuelle Aussage zu artikulieren, bedarf es einer gehörigen Portion an Phantasie und künstlerischem Vermögen. Florian Doru Crihana hat beides und hat in seinem großen Zyklus, der in der Sammlung Burkamp fast vollständig enthalten ist, die wunderbaren Abenteuer des Don Quijote um abenteuerliche Bildfolgen voller Wunder erweitert.
Gisela Burkamp
(Die allgemeinen Ausführungen zum Thema sind gekürzt entnommen dem Text „Des scharfsinnigen Edlen sinnliche Bildgestalt“ aus „Spuren des Don Quijote“ von Gisela Burkamp, herausgegeben von der Autorin, Kerber Verlag Bielefeld 2003)

1. Copii cu morişti (variantă)
Kinder mit Windflügeln (Variante)
Enfants aux moulinets à vent (variante)
23,6×33,5cm, 1996
Catalog Burkamp Cri 255
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2. Ceremonie
Zeremonie
Cérémonie
32,5x26cm, 1994
Catalog Burkamp Cri 257
.

3. Rufe la uscat
Trocknende Wäsche
Séchage du linge
26,7×34,5cm, 1995
Catalog Burkamp Cri 264
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4. Coastele pianului
Rippen des Klaviers
Côtes du piano
26x34cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 465
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5. Don Quijote agricultor
Don Quijote Landwirtschaftler;
Don Quichotte agriculteur
25,7×34,4cm, 1994
Catalog Burkamp Cri 253
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6. Hrana
Nahrung
Nourriture
27,3×35,4cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 252
.

7. Rosinante-pierde-oase
Rosinante – verliert – Knochen;
Rossinante-perd-ses-os
27,8×34,5cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 250
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8. Rosinante pe halebardă
Rosinante auf Hellebarde
Rossinante sur la hallebarde
26,2×34,5cm, 1999
Catalog Burkamp Cri 249
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9. Decoraţia
Die Auszeichnung
La décoration
31x25cm, 1996
Catalog Burkamp Cri 248
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10. Pasiune pentru Dulcineea
Leidenschaft für Dulcineea
Passion pour Dulcinée
29,7x25cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 471
.

11. Halebardă extinsă
Erweiterte Hellebarde
Hallebarde télescopique
26x34cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 470
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12. Transfuzie
Transfusion
Transfusion
27,2×35,2cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 469
.

13. Mustaţa periculoasă a cavaleruilui rătăcitor
Der gefährliche Schnurrbart des wandernden Ritters
La moustache dangereuse du chevalier errant
26×32,3cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 468
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14. Lovitura de graţie
Endschlag
Le coup de grâce
26x34cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 467
.

15. Captura
Fang
La capture
26,5×34,2cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 466
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16. Contraatacul şoarecilor
Gegenattack der Mäusen
La contre-attaque des souris
26,4x34cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 464
.

17. Alergare pe muzică
Laufen auf Musik
Course rythmée sur la musique
26x34cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 463
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18. Golf
La partie de golf
26x34cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 462
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19. Don Quijote gondolier
Don Quijote Gondelführer
Don Quichotte gondolier
30x40cm, 2011
Catalog Burkamp Cri 461
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20. Nunta
Hochzeit
Le mariage
22,8×38,5cm, 2006
Catalog Burkamp Cri 460
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21. Teroristul capturat
Gefangener Terrorist
Le terroriste capturé
26x33cm, 2006
Catalog Burkamp Cri 459
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22. Împunsături pe centură
Stichelei auf Gurt
Points sur la ceinture
33x26cm, 2006
Catalog Burkamp Cri 458
.

23. Podul feminin
Weibliche Brücke
Le pont féminin
30x40cm, 2008
Catalog Burkamp Cri 457
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24. Copii cu morişti
Kinder mit Windflügel
Enfants aux moulinets à vent
30x36cm, 1993
Catalog Burkamp Cri 351
.

25. Busturi flancând moara
Brustbilder flankierend die Mühle
Bustes flanquant le moulin
34,5×26,3cm, 1999
Catalog Burkamp Cri 349
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26. Palete de moară
Mühleflügel
Palettes du moulin
30x25cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 350
.

27. Carusel
Karussell
Caroussel
25x35cm, 1999
Catalog Burkamp Cri 348
.

28. Rosinante pe suporţi
Rosinante auf Träger
Rossinante sur étais
34×27,5cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 347
.

29. Romanul
Buch
Le Roman
28,5x22cm, 1996
Catalog Burkamp Cri 278
.

30. Mecanism cu roţi dinţate
Rädergetriebe
Mécanisme aux roues dentées
23,5×33,5cm, 1994
Catalog Burkamp 277
.

31. Momeala
Köder
L’appât
27,7×34,5cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 27
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32. Gheme de mustaţă
Verwirklungen von Schnurrbart
Moustaches en pelotes
28×25,4cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 274
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33. Autografe
Autogramme
Autographes
31,8×25,3cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 273
.

34. Calul şi măgarul în bătaia vântului
Der Pferd und der Esel in Windschlag
Le cheval et l’âne en plein vent
35,2x25cm, 1996
Catalog Burkamp Cri 272
.

35. Siesta pe balcon
Siesta auf dem Balkon
La sieste sur la véranda
34,5×27,9cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 271
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36. Răstignirea
Kreuzigun
La crucifixion
33x25cm, 1996
Catalog Burkamp Cri 270
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37. Billiard
26x34cm, 1998
Catalog Burklamp Cri 269
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38. Sancho Panza – ofiţer
Sancho Panza – Offizier
Sancho Pança – l’officier
28×34,5cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 267
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39. Barba şi mustaţa
Bart und Schnurbart
La barbe et la moustache
24,7x28cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 265
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40. Sancho Panza la bărbierit
Sancho zum Barbier
Sancho se fait raser
30x25cm, 1995
Catalog Burkamp 263
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41. Drapel pentru pace
Fahne für Frieden
Drapeau pour la paix
35,8×27,8cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 262
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42. Hrană (variantă)
Nahrung (Variante)
Nourriture (variante)
27,5×36.5cm, 1998
Catalog Burkamp Cri 254
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43. Calul şi măgarul în bătaia vântului
Der Pferd und der Esel in Windschlag
Le cheval et l’âne en plein vent
29,7x21cm, 1999
Catalog Burkamp Cri 246
.

44. Decoraţia
Die Auszeichnung
La décoration
22,5×18,8cm, 1999
Catalog Burkamp Cri 245
.

45. Superman
22×18,3cm, 1999
Catalog Burkamp Cri 244
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